Das Lymphsystem
besteht aus Lymphgefäßen, Lymphknoten und der Milz. Die Verteilung und
Anordnung der Lymphgefäße gleicht einem Drainagenetz mit
Einbahnstraßenverkehr, in dem ein Teil der Gewebsflüssigkeit und
Eiweißkörper abtransportiert werden.
Die Gewebsflüssigkeit wird in den sogenannten ,,initialen
Lymphgefäßen" gesammelt. Aus ihnen wird die Lymphe in immer größer
werdenden Lymphgefäßen nach proximal (zum Herzen) transportiert. In die
Lymphbahnen sind regionäre Lymphknoten eingeschaltet mit der Aufgabe,
die Lymphe zu reinigen.
Die Lymphgefäße aus verschiedenen Regionen vereinigen sich
im Hauptlymphstamm, dem Milchbrustgang, der im Inneren des Brustkorbes
entlang der Wirbelsäule verläuft. Der Milchbrustgang mündet hinter dem
Schlüsselbein in die Venenwinkel.
So werden pro Tag ca. 1-2 Liter Lymphe dem Blutkreislauf
zugeführt. Lymphgefäße sind - ähnlich wie die Venen - mit Klappen
ausgestattet, haben aber eine rhythmische, peristaltische Eigendynamik.
Ein durch zwei Klappen begrenztes Segment des Lymphgefäßes nennt man
Lymphangion.
Die Funktion der Lymphangione passt sich perfekt den jeweiligen Anforderungen an:
* bei körperlicher Ruhe ist die Lymphströmung geringer
* steigt die lymphpflichtige Last aus irgendeinem Grunde an, so erhöht sich sofort
das Lymphzeitvolumen.
Was passiert bei Störungen?
Bei der (sehr
komplizierten) Entstehung der Ödemformen unterscheiden wir zwischen zwei
Unzulänglichkeiten: der "dynamischen lnsuffizienz" und der
"mechanischen Insuffizienz".
Bei der dynamischen Insuffizienz ist das Lymphgefäßsystem
gesund. Es fällt jedoch eine derart gewaltige Flussigkeitsmenge an, dass
die äußerste Grenze der Transportkapazität erreicht wird. Ein Ödem ist
die Folge.
Bei der mechanischen Insuffizienz sind die Lymphgefäße
erkrankt. Dadurch ist die Transportkapazität so stark herabgesetzt, dass
die normal anfallende lymphpflichtige Eiweißlast nicht abtransportiert
werden kann. Auch hier ist ein Ödem die Folge.
Ein Ödem manifestiert sich meist als körperfarbene,
schmerzlose Schwellung. Man unterscheidet (seltene) primäre Formen mit
noch nicht restlos geklärter Ursache und sekundäre Formen z.B. nach
Unfällen, Krebs, Operationen etc.. Jedes Ödem ist für den Patienten
unangenehm, da die Versorgung und Entsorgung der Zellen beeinträchtigt
wird.
Das eiweißreiche Ödem hat weitere schwerwiegende Folgen:
Es kommt zur Bindegewebs- und Fettproliferation. Das neue
Bindegewebe verhärtet sich im Laufe der Zeit; es kommt zu einer
Induration (Sklerose).
Verlaufsstadien
Alle Lymphödeme werden nach Brunner in drei Verlaufsstadien eingeteilt:
1. Stadium - reversibles Stadium
Die Schwellung, in die man leicht eine Delle eindrücken
kann, ist weich. Das Ödem verschwindet während der Nacht oder nach
einigen Tagen Bettruhe.
2. Stadium - spontan irreversibles Stadium
Dieses Stadium ist in der Praxis am häufigsten. Auch nach
längerer Bettruhe verschwindet das Ödem nicht mehr. Die Schwellung ist
hart. Im eiweißreichen Staugebiet kommt es zur Bindegewebsvermehrung =
Fibrose, die immer härter und härter wird. In diesem Stadium besteht
eine gesteigerte Infektanfälligkeit (Erysipel, Mykosen).
3. Stadium - Elephantiasis
Die Extremität schwillt infolge entzündlicher Schübe
extrem an und kann lebensbedrohliche Formen annehmen. In diesem Stadium
ist unbedingt und sofort eine Spezialklinik für Lymphologie aufzusuchen
damit dort ein Intensivprogramm eingeleitet wird !
Das Lipödem als spezielle Form
Beschreibung des Krankheitsbildes
Beim Lipödem - auch Fettödem, Reithosensyndrom - handelt es
sich um eine chronische Fettgewebsverteilungsstörung, die beide Beine
betrifft und nicht ernährungsbedingt ist. Die Schwellung zieht sich von
den Beckenkämmen bis zu den Knien oder Knöcheln, die Füße sind
unauffällig. Manchmal können auch die Arme betroffen sein.
Das Lipödem und auch die Korribinationsform Lipo-Lymphödem
(Fettgewebsverteilungsstörung und sekundäre Schädigung des
Lymphgefäßsystems) ist fast nur bei Frauen zu beobachten, bei Männern,
wenn überhaupt, nach Hormonbehandlungen. Man vermutet deshalb, dass die
Ursache dieser vererblichen Erkrankung Östrogeneinfluss sein könnte.
Wenn keine zusätzliche Fettleibigkeit vorliegt, erkennt man
oft auf den ersten Blick den Unterschied zwischen schlankem Gesicht und
Oberkörper und den viel zu dicken Hüften und Beinen. Die Form der Beine
kann trichter- oder säulenförmig sein, nur die Oberscherikel, den Po
oder auch die Unterschenkel betreffen. Vor allem an den Knieinnenseiten
bilden sich oft Fettwülste.
Stadien und Verlauf
Der Beginn eines Lipödems ist meist schleichend, der Verlauf
von Hormonumstellungen in der Pubertät, in der Schwangerschaft und
manchmal von den Wechseljahren abhängig; es wird oft im Anfangsstadium
mit Cellulite verwechselt. Sicher ist jedenfalls, dass Lipödeme sich
ohne Therapie stetig verschlechtern.
Typisch für ein Lipödem (im Gegensatz zum Lymphödem, anderen
Ödemen und der Fettleibigkeit) ist eine erhöhte Druckschmerzhaftigkeit.
Beim "Kneiftest" schmerzt die Oberschenkelaußenseite mehr als die
Oberschenkelinnenseite. Die Patienten neigen häufig zu "blauen Flecken".
Therapie
Einleitend ist zu empfehlen, eine Fachklinik für Lymphologie
aufzusuchen, damit ein individuelles Behandlungskonzept erstellt werden
kann.
Zu diesem Konzept gehören meistens die komplexe physikalische
Entstauungstherapie (KPE) kombiniert mit manueller Lymphdrainage. Im
Gegensatz zurri reinen Lymphödem sind beim Lipödem bei jungen Frauen
durchblutungsfördernde Maßnahmen, wie zum Beispiel Sauna,
Bürstenmassagen, Kneippanwendungen etc. indiziert.
Eine ausgewogene vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung fördert den Therapieerfolg.
Bewegung
Die positiven Auswirkungen eines individuellen
Bewegungskonzepts umfassen das Herz-Kreislaufsystem, den
Bewegungsapparat, den Stoffwechsel und die Psyche. Zu den geeigneten
Sportarten gehören Walking, Radfahren, Schwimmen und Joggen.